OLG München zur Telefonwerbung: Angabe einer nicht erreichbaren Nummer zu Rückrufzwecken ist wettbewerbswidrig

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Das Thema Telefonwerbung mit den immer umfangreicheren rechtlichen Vorgaben rund um Vertragsabschlüsse ist um ein weiteres Kapitel reicher. In einer kürzlich von der Kanzlei TIGGES erstrittenen wettbewerbsrechtlichen Entscheidung hat das OLG München entschieden: Wird einem Kunden am Telefon auf Nachfrage eine Nummer zu Rückrufzwecken benannt, muss diese auch erreichbar sein. Ist dies nicht der Fall, liegt hierin eine unlautere und daher einen Unterlassungsanspruch begründende Werbehandlung.

Sachverhalt

Hintergrund der Entscheidung ist eine wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzung zwischen zwei bundesweit auf dem Markt agierenden Energieversorgern. Im konkreten Fall war ein Kunde der Klägerin am Telefon abgeworben worden. Dies nach Ansicht der Klägerin mittels unlauterer Methoden des von der Beklagten beauftragten Callcenters. Neben der Frage, ob der Kunde in dem Telefonat überhaupt einen wirksamen Auftrag für den Abschluss eines neuen Vertrages erteilt hatte, ging es vor allem auch um die rechtliche Qualifizierung eines weiteren Verhaltens. So hatte der im Auftrag tätige Callcenter-Agent dem Kunden auf dessen Bitte hin eine für Rückrufe und entsprechende Rückfragen verfügbare Telefonnummer mitgeteilt, unter der jedoch auch bei mehrfachen Versuchen niemand zu erreichen war. Zwischen den Parteien war insoweit streitig, ob ein solches Vorgehen in rechtlicher Hinsicht als wettbewerbswidrig einzustufen ist.

Rechtliche Einordnung

Das OLG hat das vorstehende Verhalten als Verstoß gegen die einem Unternehmer gemäß § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1 EGBGB auferlegten Informationspflichten bewertet und in Verbindung mit §§ 3, 5a und 8 UWG auch einen entsprechenden Unterlassungsanspruch bestätigt. Soweit über einen relevanten Zeitraum hinweg kein Ansprechpartner auf Seiten der Beklagten zur Verfügung gestanden habe, sei ein solches Verhalten nach vorheriger Angabe einer solchen Rufnummer im Zuge der fernmündlichen Kundenakquise als wettbewerbswidrig zu qualifizieren.

Nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB sei dem Verbraucher nämlich unter anderem auch die Telefonnummer des Unternehmers zur Verfügung zu stellen und zwar nach der Legaldefinition des Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB vor Abgabe von dessen Vertragserklärung. Das Zusenden einer Auftragsbestätigung im Nachgang des Telefonats reiche zur Erfüllung der Informationspflichten hingegen nicht aus. Für die Beurteilung der Frage einer planmäßigen Nichterreichbarkeit sei der Umstand, dass Anrufe in Stoßzeiten wie z.B. der Vorweihnachtszeit erfolgen, unerheblich. Der Unternehmer habe, so das OLG München, dafür Sorge zu tragen, dass eine Erreichbarkeit durch entsprechende personelle Vorkehrungen gesichert sei.

Interessant ist auch ein weiterer Aspekt, den das OLG in seiner Entscheidung mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 lit. c der Verbraucherrechte-Richtlinie beleuchtet: Der Senat streift die Frage, ob die Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie in deutsches Recht fehlerhaft und insofern bei einer richtlinienkonformen Auslegung eine abweichende Beurteilung der Informationspflichten angezeigt sein könnte. Die zur Verfügung zu stellenden Informationen nach dem Wortlaut der Richtlinie („gegebenenfalls seine Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse") weichen vom Wortlaut des die Richtlinie umsetzenden Art. 246a EGBGB („Telefonnummer, und ggf. seine Telefaxnummer und seine E-Mail-Adresse") ab. Im Ergebnis schließt der Senat einen Umsetzungsfehler nicht aus und hält fest, dass die Angabe eines der genannten Kommunikationsmittel nach § 312d BGB, Art. 246a EGBGB jedenfalls dann nicht zwingend ist, wenn der Unternehmer ausreichend andere Möglichkeiten zu einer schnellen Kontaktaufnahme ermöglicht. Wie eine solch alternative und gleichsam schnelle wie effiziente Kontaktaufnahme aussehen soll, verrät der Senat indes nicht und hinterlässt insoweit Fragezeichen für die Praxis. Eine Telefonnummer mit computergesteuerter Bandansage reiche jedoch nicht, so die Münchener Richter.

Praxishinweis

Die Entscheidung ist gleichermaßen für Auftraggeber und Auftragnehmer von Bedeutung. Die werbenden Unternehmen müssen sicherstellen, dass der Vertriebsprozess auch die Angabe einer entsprechenden Kontaktmöglichkeit vorsieht und entsprechende Vorgaben vom jeweiligen Vertriebspartner auch eingehalten werden. Auch Callcenter müssen die Erfüllung der Informationspflichten sicherstellen, um nicht wettbewerbswidrig zu agieren.

OLG München, Urteil vom 28. Februar 2019, Az. 6 U 914/18,
veröffentlicht u.a. BeckRS 2019, 3274

Autor: Sebastian Keilholz

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