Genussrechte – old but gold bei der Mezzaninen-Unternehmensfinanzierung?

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Genussrechte sind eine beliebte Form der Beteiligung an Unternehmen, insbesondere im Bereich von Venture Capital/Startups. Sie ermöglichen es Investoren, sich an vielversprechenden Startups oder Unternehmen zu beteiligen und von deren Erfolg zu profitieren, ohne unmittelbar Einfluss auf die Unternehmensführung zu nehmen. Doch hinter dem scheinbar lockeren Konzept der Genussrechte verbergen sich einige rechtliche Aspekte, die es zu beachten gilt.

Genussrecht, was ist das genau?

Genussrechte sind eine deutsche Konstruktion und finden sich bereits im Reichsstempelgesetz aus dem Jahr 1894 wieder. Ab dem Jahr 1924 bestand die Möglichkeit für Gesellschafter einer Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien oder GmbH, seine Gesellschaft auf sogenannte Goldaktien umzustellen. Erlangte der Gesellschafter hierbei einen entsprechenden Zahlungsanspruch, so konnte dieser auf Antrag in einen Anspruch auf Inhabergenussscheine umgewandelt werden. Wieso erzähle ich das?! Weil die hierzu entsprechend erlassene Goldbilanz-Verordnung die erste Legaldefinition lieferte: „Die Genussscheine gewähren kein Stimmrecht, jedoch einen entsprechenden Anteil am Reingewinn der Gesellschaft und im Falle der Auflösung der Gesellschaft einen Anspruch in Bezug auf das zu verteilende Gesellschaftsvermögen." (§ 12 Satz 2 Goldbilanz-VO).

Genussrechte sind also eine Art der Kapitalanlage, die Unternehmen ausgeben können, um Geld von Investoren zu erhalten. Anders als bei Aktien verbriefen Genussrechte jedoch gerade kein Anteilsrecht am Unternehmen, sondern sie gewähren dem Inhaber das Recht auf eine bestimmte Gewinnbeteiligung oder eine festgelegte Verzinsung.

Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, ein Unternehmen möchte Geld sammeln, um zu expandieren oder neue Projekte zu finanzieren. Anstatt neue Anteile (bspw. Aktien oder Geschäftsanteile) auszugeben, die Beteiligungen am Unternehmen darstellen und den Inhabern Teilhabe- und Mitbestimmungsrechte am Unternehmen gewähren, könnte das Unternehmen Genussrechte ausgeben. Personen, die Genussrechte erwerben, investieren ihr Geld in das Unternehmen und Erhalten im Gegenzug regelmäßige Auszahlungen in Form von Zinsen oder Gewinnanteilen, je nachdem, wie das Genussrecht ausgestaltet ist.

Prospektpflicht – Was ist das und wofür ist diese gut?

Und das geht einfach so? Nicht ganz! Die Regulierung des sogenannten „grauen Kapitalmarkts" wurde deutlich verschärft. Mit Inkrafttreten der Änderung des Verkaufsprospektgesetzes am 1. Juli 2005 wurde bspw. die Emission von Vermögensanlagen der Kontrolle der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin") unterstellt. Heute unterliegen Beteiligungen an kleinen und mittelständischen Unternehmen (bspw. Genussrechte) einer Prospektpflicht. In den letzten Jahren wurde das Verkaufsprospektgesetz mehrfach modifiziert und in Vermögensanlagengesetz umbenannt.

Mit Einführung des Kapitalanlagengesetzbuches im Juli 2013 wurde darüber hinaus der Anwendungsbereich des Vermögensanlagengesetzes beschnitten. Stellen die geplanten Beteiligungen ein sogenanntes Investmentvermögen dar, unterliegen sie nunmehr dem Kapitalanlagengesetzbuch. Als ob das noch nicht gereicht hätte, wurde der Katalog an prospektpflichtigen Vermögensanlagen dann wieder durch das Kleinanlegerschutzgesetz erweitert. Seit Juli 2015 erstreckt sich die Prüfungskompetenz der BaFin nunmehr auch auf Nachrangdarlehen, partiarische Darlehen und vergleichbare Kapitalanlagen wie Direktinvestments.

Die BaFin prüft daher bei jedem ihr vorgelegten Kapitalmarktprodukt in einem ersten Schritt, welches der bestehenden Gesetze des Kapitalmarktes anwendbar ist.

Sie sehen, ein Dschungel an Regelungen und Anpassungen, in dem man leicht den Überblick verlieren kann. Ich habe mich daher aus Vereinfachungsgründen im Folgenden auf unverbriefte Genussrechte, die dem Vermögensanlagegesetz unterfallen beschränkt.

Das Vermögensanlagegesetz legt fest, dass für bestimmte Kapitalanlagen, darunter auch (unverbriefte) Genussrechte, ein Verkaufsprospekt erstellt und veröffentlicht werden muss. Dies dient dem Schutz der Anleger und der Sicherstellung von Transparenz auf dem Kapitalmarkt. Die Prospektpflicht greift dann, wenn Genussrechte öffentlich angeboten werden, insofern keine Ausnahme nach den § 2 VermAnlG besteht. Die Ausnahmen im Einzelnen:

  • Anteile an einer Genossenschaft i.S.d. § 1 Genossenschaftsgesetz
  • Partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen und sonstige Anlage, die von Genossenschaften (s.o.) emittiert werden
  • Vermögensanlagen, die von Versicherungsunternehmen oder Pensionsfonds emittiert werden
  • Angebote von nicht mehr als 20 Anteilen derselben Vermögensanlage
  • Angebote, deren Verkaufspreis innerhalb von 12 Monaten insgesamt 100.000 € nicht übersteigt
  • Angebote mit einem Mindestverkaufspreis jedes Anteils von 200.000 € je Anleger
  • Vermögensanlagen, die ausschließlich an insitutionelle Anleger angeboten werden
  • Teilemissionen von Vermögensanlagen, für die bereits ein gültiger Verkaufsprospekt veröffentlicht wurde
  • Vermögensanlagen, die einem begrenzten Personenkreis angeboten werden oder Vermögensanlagen in Form von Arbeitgeberangeboten
  • Vermögensanlagen, die von Emittenten hoher Bonität angeboten werden (öffentliche Hand, Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute bei dauerhafter oder wiederholter Emission, Staatsmonopolisten im EWR
  • Vermögensanlagen, die bei Umwandlungen nach dem UmwG oder bei Übernahme nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz angeboten werden
  • Vermögensanlagen, die im Rahmen einer Zweitverwertung (Sekundärmarkt) angeboten werden, also solche die vor dem 1. Juli 2005 erstmals veräußert worden sind und nach dem 1. Juli 2005 öffentlich auf einem regelmäßig stattfindenden Markt angeboten werden, der geregelte Funktions- und Zugangsbedingungen hat, für das Publikum unmittelbar oder mittelbar zugänglich ist und unter der Verantwortung seines Betreibers steht

Die Definition des öffentlichen Angebots gemäß § 2 Nr. 4 WpPG gilt entsprechend für § 1 Abs. 1 VermAnlG, der insoweit keine eigene Angebotsdefinition vorsieht. Diese stammt aus
Art. 2 Abs. 1 lit. d RL 2017/1129:

„öffentliches Angebot [...] eine Mitteilung an die Öffentlichkeit in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Wertpapiere enthält, um einen Anleger in die Lage zu versetzen, sich für den Kauf oder die Zeichnung jener Wertpapiere zu entscheiden."

Das Prospekt – Erstellung und Verfahren

Liegt ein öffentliches Angebot vor und greift keine der vorgenannten Ausnahmen, kommt es zum Schwur. Ein (Verkaufs-)Prospekt (und zusätzlich vielfach auch Vermögensanlagen-Informationsblatt) muss her. Die inhaltlichen Anforderungen an einen Verkaufsprospekt wurden in den letzten Jahren ständig verschärft. Aktuell sind sie im Vermögensanlagengesetz nebst Verordnung niedergelegt. Durch das Kleinanlegerschutzgesetz wurden weitere Pflichtangaben für Verkaufsprospekte normiert.

Das Vermögensanlagengesetz selbst regelt insbesondere die Prospektpflicht, einschließlich der Pflicht zur Erstellung des sogenannten Vermögensanlagen-Informationsblattes sowie das Billigungs- und Veröffentlichungsverfahren für Verkaufsprospekte. Die in den Prospekt aufzunehmenden Pflichtangaben ergeben sich kraft einer Verweisung vornehmlich aus der Vermögensanlagen-Verkaufsprospekt-Verordnung.

Wesentliche Bestandteile des Verkaufsprospektes sind:

  • Darstellung der mit der Kapitalanlage verbundenen Risiken
  • Informationen über die auszugebenden Kapitalanlagen wie Zeichnungsverfahren, bestehende Rechte und Pflichten der Anleger, Art, Gesamtmenge und Nennbetrag der Vermögensanlagen, steuerliche Auswirkungen beim Anleger
  • Beschreibung des Emittenten und der Mitglieder der Organe
  • Darstellung der Geschäftstätigkeit (inklusive geprüften Jahresabschluss bzw. Eröffnungsbilanz und Planzahlen) und Beschreibung der Investitionsvorhaben (so genannte Anlageobjekte)

Bevor die Vermögensanlage beworben werden darf, prüft die BaFin im sogenannten Billigungsverfahren den (Verkaufs-)Prospekt auf Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Verständlichkeit. Dabei ist der Prospekt in der Form einzureichen, wie er später gedruckt und veröffentlicht werden soll. Die BaFin hat dem Emittenten innerhalb von 20 Arbeitstagen, nach Eingang des vollständigen (Verkaufs-)Prospekts, ihre Entscheidung mitzuteilen (Billigung oder Versagung). Bei Rückfragen oder Nachforderung von Informationen/Unterlagen verlängert sich die Frist.

Nach der Billigung des Prospektes ist dieser öffentlich bekannt zu machen. Dies geschieht in der Regel durch Schaltung einer sogenannten Hinweisbekanntmachung in einem überregionalen Börsenpflichtblatt und im Bundesanzeiger. Einen Werktag nach der Bekanntmachung kann mit der Platzierung der Vermögensanlagen begonnen werden.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Genussrechte eine altbewährte Methode der Unternehmensfinanzierung sind, die auch heute noch relevant sind, insbesondere im Kontext der Mezzanin-Finanzierung von Unternehmen. Obwohl sie Investoren die Möglichkeit bieten, ohne direkten Einfluss auf die Unternehmensführung am Erfolg teilzuhaben, gibt es zahlreiche rechtliche Aspekte zu beachten.

Die Regulierung des Grauen Kapitalmarktes und die Einführung bzw. Änderungen des Vermögensanlagengesetzes haben die Prospektpflicht für Genussrechte verschärft, was den Schutz der Anleger und die Transparenz auf dem Kapitalmarkt fördert. Die Erstellung und Genehmigung eines Verkaufsprospekts sowie die Veröffentlichung und Platzierung der Genussrechte unterliegen strengen Regulierungen und Verfahren. Trotz dieser Hürden bleiben Genussrechte eine attraktive Option für Unternehmen, um (abseits der traditionellen Pfade) Kapital aufzunehmen und für Investoren, um in vielversprechende Unternehmen zu investieren.

 

 

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Christian Schon TIGGES

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